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Die Zwangseinziehung von GmbH-Geschäftsanteilen – ein kurzer Überblick:

1. Was ist die Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen?

Gerade in Gesellschafterauseinandersetzungen kommt es häufiger zu (zumindest versuchten) Einziehungen von GmbH-Geschäftsanteilen. Mit diesem gesellschaftsrechtlichen Instrument kann ein GmbH-Geschäftsanteil „vernichtet“ und damit dem Gesellschafter entzogen werden, wodurch der Gesellschafter regelmäßig aus der Gesellschaft ausscheidet. Mit der Zwangseinziehung kann aber auch das Eindringen unerwünschter Dritter (z.B. bei Pfändung des Geschäftsanteils durch Gesellschaftsfremde) verhindert werden.

Eine Zwangseinziehung ist nur dann zulässig, wenn deren Voraussetzungen bereits bei Erwerb des Geschäftsanteils durch den später betroffenen Gesellschafter hinreichend bestimmt in der Satzung geregelt waren oder später – allerdings nur mit Zustimmung aller (!) betroffenen Gesellschafter – nachträglich durch Satzungsänderung eingeführt wurde.

In der Satzung müssen sachliche Gründe als Grundlage für eine Zwangseinziehung genannt sein, wie z.B. die Insolvenz eines Mitgesellschafters, die Pfändung eines Geschäftsanteils, ein schwerer Verstoß gegen gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot oder das Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person des betroffenen Gesellschafters. Eine Regelung zur Zwangseinziehung durch bloßen Mehrheitsbeschluss ohne sachlichen Grund ist unzulässig.

Gibt es eine wirksame Satzungsregelung, kann eine Einziehung unter der Voraussetzung erfolgen, dass die Regelungen zur Aufbringung und zum Erhalt des Stammkapitals nicht verletzt werden.

Die Einziehung selbst erfolgt dann durch Gesellschafterbeschluss und dessen formfreie Mitteilung an betroffenen Gesellschafter. Nach erfolgter Einziehung die Gesellschafterliste zu ändern und beim Handelsregister einzureichen.

Wurde ein wirksamer Einziehungsbeschluss gefasst und sämtliche sonstigen Voraussetzungen erfüllt, geht der eingezogene Geschäftsanteil unter. Wenn der betroffene Gesellschafter nicht über weitere Geschäftsanteile verfügt, verliert er zugleich seine Gesellschafterstellung und damit alle Mitgliedschaftsrechte.

Zugleich entsteht für den von der Einziehung betroffene Anteilsinhaber ein sofort fälliger werdender Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft, entweder nach Gesetz in Höhe des Verkehrswertes oder nach entsprechender wirksamer Satzungsregelung.

2. Wie sieht die Praxis aus?

Bei der Einziehung ergeben sich in der Praxis nahezu unendlich viele Stolpersteine.

So war z.B. bisher nicht höchstrichterlich entschieden, ob ein Einziehungsbeschluss ohne eine Regelung zur Anpassung der Geschäftsanteile wirksam (so z.B. OLG Rostock, GmbHR 2013, 752, 753 ff.) oder nichtig (so z.B. LG Essen, Urteil vom 9. 6. 2010 – 42 O 100/09) ist.

Diese Frage hat der BGH in seinem Urteil vom 02.12.2014 II (Az.: ZR 322/13) nun geklärt, indem er ausgeführt hat, dass er in dem Auseinanderfallen der Summe der Nennbeträge der verbleibenden Geschäftsanteile und dem Stammkapital keinen Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund sieht. Das Urteil zeigt aber gleich einen weitere „Falle“ auf. So hatte in diesem Fall das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Geschäftsanteil der Klägerin voll eingezahlt war. Allerdings ist eine Einziehung nur zulässig, wenn die auf den einzuziehenden Geschäftsanteil zu erbringende Einlageleistung voll erbracht ist. Das ergibt sich aus § 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, wonach ein Gesellschafter von seiner Pflicht zur Leistung der Einlage nicht befreit werden darf.

Weitere Voraussetzung für einen wirksamen Gesellschafterbeschluss ist zum Beispiel, dass die Abfindung aus freiem Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann. Hier besteht nach neuerer Rechtsprechung des BGH auch ein beträchtliches Haftungsrisiko der Gesellschafter, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben. Denn sie haften dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig persönlich, wenn sie nicht dafür sorgen, dass die Abfindung aus dem ungebundenen Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann, oder sie die Gesellschaft nicht auflösen (BGH Urteil vom 24.01.2012 – II ZR 109/11).

3. Zwangseinziehung gut vorbereiten

Gerade bei der Zwangseinziehung im Zusammenhang mit Gesellschafterstreitigkeiten ist intensiv auf die Einhaltung der Vielzahl von Anforderungen Vorschriften hinsichtlich ordnungsgemäßer Ladung zur Gesellschafterversammlung und der Beschlussfassung selbst zu achten. Die Verletzung von – zunächst sehr förmlich anmutenden – Regelungen kann zur Anfechtbarkeit oder sogar Nichtigkeit und somit zur Unwirksamkeit der Einziehung führen. Beispielhaft seien hier genannt: Ladung nicht durch eingeschriebenen Brief, Fehlen einer Tagesordnung, Nichteinhaltung der Einberufungsfrist, Ladung an unzumutbaren Ort etc..

Daher wird in einer zu erwartenden streitigen Gesellschafterauseinandersetzung jede noch so kleine Ungenauigkeit, jeder vermeintliche Verstoß gegen Formvorschriften zu seitenlangen Ausführungen in den gegenseitig zu wechselnden Schriftsätzen führen – ein Aufwand, der gute Vorbereitung und intensive anwaltliche Begleitung im Vorfeld der zu fassenden Beschlüsse reduziert werden kann.